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Shark Info   (15.06.2001)

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  Intro:

Der Untergang der traditionellen Haifischerei

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  Hauptartikel:

Der Untergang der traditionellen Haifischerei

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  Artikel 1:

Fischerei, Flossen und weltweit fast keine Regelungen

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  Artikel 2:

Telefonumfrage der Naturschutzorganisationen WildAid und Earthcare in Hong Kong und Taiwan

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  Artikel 3:

Haiunfall-Serie in Florida: Fakten und Hintergründe

Dr. E. K. Ritter

  Fact Sheet:

Schwarzspitzenhai

Dr. E. K. Ritter


Haiunfall-Serie in Florida: Fakten und Hintergründe

Von Dr. E. K. Ritter

Mitte April wurden in Florida innerhalb von einer Woche 7 Menschen von Haien gebissen. Eine Meldung, die sehr schnell in ganz USA und auch in verschiedenen Ländern Europas aufgegriffen wurde. Keiner der Bisse war alarmierend, denn es handelte sich ausschliesslich um Kratzer, doch dies war wieder einmal Anlass genug, Unfallstatistiken aus dem In- und Ausland unter die Lupe zu nehmen. In Australien wurden im April ebenfalls zwei Menschen von Haien gebissen.

Florida

Floridas einzigartige Lage und Gestalt.

© Hai-Stiftung

Florida verzeichnet weltweit die meisten Unfälle. Seit 1916 wurden von den einschlägigen Instituten GSAF (Global Shark Attack File) und dem ISAF (International Shark Attack File) 439 Unfälle registriert, 29 davon endeten tödlich. An zweiter Stelle steht Kalifornien mit rund vier Mal weniger Unfällen als Florida und zehn tödlichen Unfällen. Dies wirft die Frage auf, warum es in Florida zu deutlich mehr Unfällen kommt als an anderen Orten. Floridas geographische Lage und Gestalt sind einzigartig. Es erstreckt sich über 6 Breitengrade, trennt zwei Meere voneinander und reicht mit seiner kontinentalen Spitze bis ins karibische Meer. An seiner Ostküste fliesst der Golfstrom in nördlicher Richtung.

Der Golfstrom und die enge Strasse von Florida sind ein Grund, dass manche Haiarten jahreszeitlich entlang der Küste von Florida wandern. Doch nicht die günstigen Strömungsverhältnisse sind ausschlaggebend für die Wanderungen von Haien, sondern Futterangebot, Paarungs- und Gebärorte. Bei ihren Wanderungen kommen einige Individuen bis nahe an die Küste.

Ein Grund, weshalb es Mitte April vor New Smyrna nahe Daytona Beach zu Unfällen kam, waren Schwarzspitzenhaie (Carcharhinus limbatus), die sich auf ihren jährlichen Wanderungen nordwärts befanden und dort auf Surfer trafen. Das Wanderverhalten ist erst bei sehr wenigen Haiarten detailliert untersucht worden. Nach bisherigem Wissen sind Schwarzspitzenhaie jedoch hinsichtlich Wanderungen eine eher heterogene Art. Einige Populationen scheinen jährliche Wanderungen zu unternehmen, andere bleiben das ganze Jahr in derselben Region.

Schwarzspitzenhaie sind in Florida die am häufigsten beissende Art. Ihre durchschnittliche Grösse von ca. 1.5 m macht ihre Bisse jedoch kaum lebensgefährlich. Die Gründe für die Unfälle mit den Surfern in New Smyrna wurden nicht näher untersucht. Wie bei anderen Haiarten auch - beispielsweise den Weissen Haien (Carcharodon carcharias) - ist es denkbar, dass die Schwarzspitzenhaie für sie unbekannte Objekte an der Wasseroberfläche näher untersuchen möchten und zubeissen. Diese Theorie scheint wahrscheinlich, denn in derselben Region liegt die «Ponce de Leon» Bucht, in der sich zur dieser Jahreszeit verschiedene Schwarmfischarten sammeln, um abzulaichen. Ein solcher Umstand könnte die Schwarzspitzenhaie in einen erregten Zustand versetzen und so die Hemmschwelle herabsetzen, Unbekanntes auf eventuelle Fressbarkeit hin zu untersuchen.

C. limbatus

In Florida sind es meistens Schwarzspitzenhaie, die in Unfälle verwickelt sind. Doch ihre Bisse sind nicht sehr gefährlich.

© Hai-Stiftung

Schwarzspitzenhaie sind, trotz der Unfallhäufigkeit, keine wirklich gefährlichen Haie. Doch welche Arten sind dann für die fast 30 tödlichen Unfälle der letzten 85 Jahre in Florida verantwortlich?
Diese Unfälle müssen grossen Haiarten wie Bullen- (Carcharhinus leucas) und Tigerhaien (Galeocerdo cuvier) zugeschrieben werden. Die letzte tödliche Begegnung mit einem Bullenhai geschah im Jahr 2000 in St. Petersburg, wobei es sich auch bei diesem Unfall nicht um eine eigentliche Attacke handelte. Das Opfer sah einen aufgeregt umher schwimmenden Fischschwarm und sprang in das sehr trübe Wasser, um sich den Schwarm genauer anzusehen. Was danach genau geschah, wird momentan von Fachleuten der GSAF (Global Shark Attack File) näher untersucht. In den meisten Fällen ist es das Zusammentreffen mehrerer unglücklicher Umstände, die zu einem Unfall führen. Leider stellt dies jedoch nie den zentralen Teil einer Berichterstattung über Haiunfälle dar. So ist es nicht erstaunlich, dass keine der Reportagen in den letzten Wochen auf das Verhalten von Schwarzspitzenhaien oder letztes Jahr auf das des Bullenhais von St. Petersburg eingegangen ist. Im Gegensatz dazu wurde jedoch nicht versäumt darauf hinzuweisen, dass letztes Jahr weltweit ein absolutes Rekordjahr mit 79 Unfällen, zehn davon mit tödlichem Ausgang, war. Und auch über eine Zunahme der Haiunfälle in den letzten 10 Jahren konnte überall gelesen werden. Berücksichtigt man jedoch die Zunahme der Menschen, die jährlich schwimmen gehen, ist eine andere Tendenz zu sehen: nämlich eine Abnahme der Unfallhäufigkeit - doch das lässt sich eher schlecht mit dem Obigen verkaufen.

* Dr. Erich K. Ritter ist Haibiologe und Adjunct Assistenz Professor an der Hofstra Universität, New York.

Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Dr. E. K. Ritter



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modifiziert: 04.06.2016 11:48