Von Dr. E. K. Ritter
150 km westlich von Durban, zwischen Margate und Shelley Beach, liegt das ca. 1.6 km lange Riff «Protea Banks», ein bekannter Tauchort um Sandtigerhaie und
verschiedene Riffhaiarten zu beobachten. Protea Banks liegt nur ungefähr 90 km
südlich der Aliwal Shoal Riffe, über die wir in
Shark Info 1/2000 berichtet haben.
Auch dieses Gebiet scheint nun in Gefahr zu geraten, durch ein lokales
Fischereiunternehmen ausgebeutet und zerstört zu werden. Shark Info Mitarbeiter Dr.
Erich Ritter war vor Ort und berichtet über die momentane Situation.
Ein in Margate ansässiges Fischereiunternehmen wird, sofern die entsprechende
Exportlizenz genehmigt wird, im Laufe der nächsten Monate 14 Tonnen kleinwüchsige
Haie zum Verzehr nach Australien und Neuseeland exportieren. Der Grund, warum
kleinwüchsige Tiere bevorzugt werden, ist ihr geringer Quecksilbergehalt. Die
Region die befischt werden soll beschränkt sich dabei auf Protea Banks. Die
intensive Befischung der Protea Banks Region würde unmittelbar zur Verarmung einer
artenreichen Fauna und schlussendlich zur Zerstörung eines der beiden bekanntesten
Tauchplätze Südafrikas führen.
Paul Kolenda, der Besitzer des
Fischereiunternehmens «Inyoni» erwähnte auf Anfrage lokaler Tauchanbieter, dass er
über seinen Partner, Roger Holson, den Auftrag erhalten habe, die 14 Tonnen
kleinwüchsige Haie zu fischen. Momentan liegt der wöchentliche Fang dieses
Unternehmens bei 400 kg, und laut Auskunft von Paul Kolenda könnten mehrere
100 Tonnen pro Jahr gefangen werden, falls die nötige Infrastruktur vor Ort geschaffen
würde. Dass es in der Anfangsphase nur gerade 14 Tonnen sein sollen, liegt daran,
dass diese Menge einem regulären Frachtkontainer entspricht. Inyoni erhält seine
Produkte von 25 verschiedenen kommerziellen Fischereien entlang der
südafrikanischen Küste.
Um diesen Grossauftrag ausführen zu können, müssten zusätzliche lokale Fischer
unter Vertrag genommen werden, die pro Kilo Hai rund 6 Rand (ca. 1.60 CHF)
verdienen würden. Vorraussetzung ist jedoch die Ausfuhrgenehmigung durch den
Minister des Departements für Tourismus, Handel und Industrie Dr. Valli Moosa.
Lokale Tauchanbieter versuchen, die Erteilung dieser Bewilligung zu verhindern,
denn dies würde das Ende sowohl ihrer Unternehmen, als auch der Artenvielfalt und
Attraktivität der Protea Banks bedeuten.
Wie schon in den Bahamas gezeigt werden konnte, weisen die
lokalen Tauchanbieter auch im Fall Protea Banks darauf hin, dass ein lebender Hai
wirtschaftlich wesentlich ertragsreicher ist, als ein toter. So wurde errechnet,
dass ein einziges Tier rund 50 000 Rand pro Jahr (ca. 7000 Dollar oder
12 400 CHF) an Tourismusgeldern einbringt, ein totes hingegen, je nach
Grösse, nur gerade
einige hundert Dollar. Als Vergleichswert liegt der Wert eines Hais in den Bahamas
bei ca. 30 000 Dollar oder 53 000 CHF.
Damit Inyoni-Fischerei die geforderte Quote erfüllen kann, müssten lokale Fischer
angehalten werden, ihre Leinenfischerei auf die Region der Protea Banks zu
konzentrieren. Momentan sieht es jedoch so aus, als hätten die lokalen Fischer
kein besonders grosses Interesse, die kleinen Haie der Protea Banks zu fangen. Sie
verdienen pro Kilogramm nur gerade 6 Rand. Für pelagische Haie (grosswüchsige
Tiere) erhalten sie 13.50 Rand, also mehr als das Doppelte pro Kilogramm. Paul
Kolenda von «Inyoni» versucht nun, Haifischer der Region um Durban nach Protea
Banks zu bringen. Diese Fischer sind darauf spezialisiert, kleinwüchsige Arten zu
fischen. Sollte Inyoni sein Kontingent nicht liefern können «gibt es andere
Fischereiunternehmen, die dies tun können» so Roger Holson. Es wird vermutet, dass
die Viking Fischerei der Kapregion bereits Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit
einer Haiverarbeitungsfabrik an der Kwazulu-Natal Südküste durchgeführt hat.
Das Fangen kleinwüchsiger Haie stellt grosse ökologische Probleme
dar. Leinenfischerei ist nicht selektiv und entsprechend kann nicht vorausgesagt
werden, welche Haiarten befischt werden. Das Fischen auf kleine Haie beschränkt
sich nicht nur auf kleinwüchsige Arten, sondern es werden auch kleine und junge
Exemplare grosswüchsiger Arten weggefangen. Die Elimination von Jungtieren einer
Population ist besonders gefährlich, denn sie hat zur Folge, dass die Zahl
geschlechtsreifer Tiere und in Folge die gesamte Populationsgrösse massiv
zurückgeht. Ein gutes Beispiel für einen solchen Mechanismus ist der Zusammenbruch
der Dornhai-Populationen (Squalus acanthias) der Nordsee.
Inyoni begibt sich mit dem Versuch, die Haie um Protea Banks zu befischen, nicht auf
illegales Territorium. Cedric Cötzee und Jeremy Cliff vom Natal Sharks Board in
Durban bestätigten, dass keine der befischten Haiarten auf der Liste bedrohter
Arten ist.
Das drohende Problem von Protea Banks ist nur eines der vielen
Fischereiprobleme Südafrikas. So erlaubt die Regierung ausländischen Fangschiffen
direkt in ihren Hoheitsgewässern legal Langleinenfischerei zu betreiben. Diese im
grossen Rahmen durchgeführte Fischerei lässt Protea Banks winzig erscheinen, doch
steht nicht nur der Erhalt eines lokalen Ökosystems auf dem Spiel, sondern auch
der Tourismus einer ganzen Region. Es bleibt zu hoffen, dass Dr. Valli Moosa das
Richtige tut, und die Exportgenehmigung verweigert.
* Dr. Erich K. Ritter ist Haibiologe
und Adjunct Assistenz Professor an der Hofstra Universität, New York.
Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Dr. E. K. Ritter
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